Schadensersatzanspruch des Bestbieters auf das positive Interesse bei rechtswidrigem Ausschluss vom Vergabeverfahren
Schadensersatzanspruch des Bestbieters auf das positive Interesse bei rechtswidrigem Ausschluss vom Vergabeverfahren.
Wird der Bestbieter wegen mangelnder Eignung ausgeschlossen, ohne dass die zum Ausschluss führenden Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung ausdrücklich aufgeführt wurden, und wird der Zuschlag auf das Angebot des Zweitplatzierten erteilt, steht dem ausgeschlossenen Bieter Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses zu.
Was ist passiert
Der Auftraggeber hat den Bestbieters in einer öffentlichen Ausschreibung nach einem durchgeführten Bietergespräch als ungeeignet ausgeschlossen. Erstmals in diesem Bietergespräch hat der Auftraggeber Mindestanforderungen an die personelle Ausstattung mitgeteilt und hat der Bestbieter diese Mindestanforderungen jedenfalls nicht durch die Anzahl seiner Mitarbeiter im eigenen Unternehmen erfüllt. Dies führte im Ergebnis zum Ausschluss des Bestbieters als ungeeignet. Das einschlägige nicht förmliche Nachprüfungsverfahren blieb erfolglos. Mit seiner Klage beansprucht der ausgeschlossene Bieter den entgangenen Gewinn.
Die Entscheidung
- Der BGH bestätigt im Ergebnis einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach.
- Die Prüfung der Eignung darf sich nur auf solche Kriterien beziehen, welche in den Vergabeunterlagen eindeutig und unmissverständlich (seit dem 18.04.2016 gemäß § 122 Abs. 4 GWB in der Auftragsbekanntmachung) genannt werden oder die sich unter Berücksichtigung von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie des vorgesehenen Ausführungszeitraums zwingend aus dem Gegenstand der Beschaffung (Natur der Sache-Argumentation) ergeben.
- Der Ausschluss des (bestplatzierten) Angebotes wegen Nichterfüllung eignungsspezifischer Anforderungen (unzureichende Leistungsfähigkeit wegen nicht ausreichender Personalausstattung), ist nur dann rechtmäßig, wenn diese konkreten Anforderungen in der Auftragsbekanntmachung explizit vorgegeben wurden. Die Leistungsfähigkeit eines Bieters ist darüber hinaus nur dann nicht gegeben, wenn aufgrund konkreter Umstände objektiv ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass der Bieter, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal den Auftrag ordnungsgemäß und fristgerecht ausführen wird.
- Im Fall eines vergaberechtswidrigen Ausschlusses i.V.m. dem rechtswirksamen Zuschlag an einen Mitbieter steht dem Bieter ein Schadensersatzanspruch i.H.d. positiven Interesses zu. Diesem Schadensersatzanspruch kann nicht entgegengehalten werden, dass der Auftraggeber, die tatsächlich nicht bekanntgemachten Eignungskriterien hätte vergaberechtskonform vorgeben können und der Bieter in diesem Fall tatsächlich nicht geeignet gewesen wäre.
Praxistipp
Für Auftraggeber:
Ein Ausschluss des erstplatzierten Bieters wegen „Nichteignung“ ist sorgfältig zu prüfen und zu begründen, weil gerade in diesen Konstellationen wirtschaftlich erhebliche Folgen drohen
Für Auftragnehmer:
Bei nicht EU-weiten Verfahren ohne Vorabinformation (auch wenn kein Unterschwellenrechtsschutz vorgesehen ist) kann es angebracht sein, Auskunft zu verlangen, warum das eigene Angebot nicht den Zuschlag erhalten hat.
Autor:
Rechtsanwalt Ronny Lohmann ist einer der Partner von Vergabekanzlei abante Rechtsanwälte Kins Lohmann PartG mbB in Leipzig. Seit Jahr 2005 arbeitet er als selbständiger Rechtsanwalt. Seine Tätigkeitsbereiche:
- Vergaberecht, projektbegleitende Rechtsberatung (Bau/Planung, ITK)
- Privates und öffentliches Baurecht
- Grundstücksrecht / Leitungsrechte / Gestattung / Grundbuchbereinigung
- Recht der Versorgungswirtschaft / technischen Infrastruktur/
- Breitband- und Telekommunikationsrecht, Vertragsrecht.
Quelle: