Aktuelle Urteile

Wann ist ein Angebotspreis unangemessen?

Eine Kostenschätzung muss wirklichkeitsnah sein. Zu diesem Ergebnis kommt ein Beschluss des OLG Düsseldorf und präzisierte die Vorgaben an die Schätzung des Auftragswertes durch den Auftraggeber.

Was war passiert?

Eine Vergabestelle schrieb die Errichtung von Unterkunftszimmern im Hotelstandard in einem nichtoffenen Verfahren als Generalunternehmerleistung aus. Nur ein Unternehmen reichte ein Angebot ein. Dieses lag 34% über den Kosten, die die Vergabestelle als Auftragswert geschätzt hatte. Die Vergabestelle schloss daher das Angebot wegen nicht aufklärbarer Zweifel an der Angemessenheit Preise aus. Zudem hob sie das Vergabeverfahren auf und plante ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb. Dagegen wehrte sich das Unternehmen mit einem Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer. Das Verfahren passierte dann sogar das OLG Düsseldorf. Ziel des Unternehmens war es, ganz klar, den Ausschluss und damit auch die Aufhebung rückgängig zu machen.

Der Beschluss des OLG

Nach Ansicht des Gerichts muss der Auftraggeber unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer vertretbaren Weise die Schätzung erarbeiten. Natürlich kann es sich bei der Schätzung immer nur um eine Prognose handeln. Umstände, die erst im Nachhinein ersichtlich werden, dürfen unberücksichtigt bleiben.

In dem vorliegenden Fall hat jedoch der Auftraggeber den organisatorischen Aufwand infolge der Ausschreibung einer Generalunternehmerleistung, das zu bepreisende Risiko von Preissteigerungen aufgrund der vorgesehenen Bauzeit von vier Jahren sowie den Aufwand einer Überprüfung der Mitarbeiter nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz unberücksichtigt gelassen.

Das gehört nicht zu dem Umständen, die unberücksichtigt bleiben dürfen. Daher hat das Gericht den Ausschluss des (einzigen) Angebots nach § 16d Abs. 1 VOB/A und die Aufhebung der Ausschreibung nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A für nicht gerechtfertigt erklärt.

Fazit

Jeder Auftraggeber sollte den voraussichtlichen Auftragswert sorgfältig schätzen und seine Überlegungen eingehend dokumentieren. Anderenfalls besteht das Risiko, dass er Angebote mit unangemessen hohen oder niedrigen Preisen nicht von der Wertung ausschließen und eine Ausschreibung unter Umständen nicht aufheben kann, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen. Das kann teuer werden.

Weitere Informationen


Datum: 13.03.2019
Gericht: OLG Düsseldorf
Aktenzeichen: Verg 42/18
Typ: Beschluss
Wissen

Diese Urteile könnten Sie auch interessieren

24.10.2025 | Urteil

Fehlende Verpflichtungserklärungen und Konzernreferenzen – Zur Eignungsprüfung bei Bezugnahme auf konzernverbundene Unternehmen

Konzernreferenzen zählen nur mit Verpflichtungserklärung. Die VK Bund zeigt, warum Bieter bei der Eignungsprüfung keine formellen Fehler riskieren sollten.
Mehr erfahren
16.09.2025 | Urteil

Änderung von Vergabeunterlagen bei Referenzangaben im Teilnahmewettbewerb

Fehlerhafte Referenzangaben im Teilnahmewettbewerb können zum Ausschluss führen – selbst kleine Abweichungen haben laut aktueller Entscheidung strenge Folgen.
Mehr erfahren
18.08.2025 | Urteil

Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers – IT-Beschaffung an Schulen

Schulen dürfen gezielt interaktive Displays eines Herstellers ausschreiben, wenn objektive Gründe vorliegen. Was das für Bieter bedeutet, erfahren Sie hier auf Vergabe24.
Mehr erfahren
21.07.2025 | Urteil

Mehrdeutige Anforderungen an „abgeschlossene Geschäftsjahre” – Vergabeunterlagen müssen eindeutig sein

Ein Angebot darf bei unklarer Forderung nach „abgeschlossenen Geschäftsjahren“ nicht ausgeschlossen werden – Vergabekammer stärkt Bieterrechte bei Unsicherheiten.
Mehr erfahren
18.06.2025 | Urteil

EuGH: Kein Vergabeverfahren ohne Teilnahmewettbewerb bei zurechenbaren Ausschließungsrechten

Der EuGH schränkt Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb weiter ein: Ausschließlichkeitsrechte allein reichen nicht – Auftraggeber müssen Marktöffnung aktiv ermöglichen.
Mehr erfahren
11.06.2025 | Urteil

Zur Kombination von Referenzleistungen

Referenz zu klein? Gericht kippt Zuschlag bei öffentlicher Vergabe – warum ein Einzelauftrag über 10.000 Stück entscheidend war und was Bieter jetzt beachten müssen.
Mehr erfahren
21.05.2025 | Urteil

Dokumentationsmangel nicht per se wettbewerbswidrig

Ein Dokumentationsmangel führt nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit eines Vergabeverfahrens. Der Mangel muss sich auf die Chancen des Bieters im Wettbewerb nachteilig ausgewirkt haben.
Mehr erfahren
22.04.2025 | Urteil

Zur wirksamen Aufhebung von Vergabeverfahren

Eignungskriterien fehlen, Ausschreibung aufgehoben – was nun? Alles zur aktuellen Entscheidung und rechtlichen Einordnung jetzt im Überblick.
Mehr erfahren
17.03.2025 | Urteil

Kein Vertrauenstatbestand bei fehlender Eignung

Fehler bei der Eignungsprüfung! Trotz Einladung zum Verfahren erfolgte der Ausschluss. Lernen Sie, wie Sie solche Vergabeprobleme vermeiden können!
Mehr erfahren
20.02.2025 | Urteil

Fehlerhafte Gestaltung der Fachloszuschnitte: Verstoß gegen Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz?

Ein fehlerhafter Fachloszuschnitt kann den Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz verletzen und zur Aufhebung eines Vergabeverfahrens führen. Erfahren Sie, wie sich Bieter schützen und welche Vorgaben öffentliche Auftraggeber beachten müssen.
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich