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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Zuschlag auf Erstangebote im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb

Bei Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb müssen sich Bieter bei entsprechend transparenten Vorbehalten in den Vergabeunterlagen auf die mögliche Bezuschlagung der Erstangebote einstellen.

Was ist passiert?

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb nach ordnungsgemäßer Vorinformation und anschließender Auftragsbekanntmachung Leistungen im Schienenpersonennahverkehr im offenen Verfahren aus. In der Folge hob der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren wegen Unwirtschaftlichkeit auf. Im Anschluss leitete er ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gem. § 131 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 14 Abs. 3 Nr. 5 VgV ein. In das Verfahren bezog er alle Unternehmen ein, die im offenen Verfahren form- und fristgerechte Angebote abgegeben hatten. In den Vergabeunterlagen behielt sich der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag auf die Erstangebote vor. Nach Wertung der Erstangebote teilte der öffentliche Auftraggeber der späteren Antragstellerin seine Absicht mit, den Zuschlag ohne Verhandlungen auf Grundlage der Erstangebote an einen Konkurrenten erteilen zu wollen. Nach erfolgloser Rüge stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag. Sie brachte u. a. vor, der Auftraggeber habe sich die Möglichkeit der Zuschlagserteilung auf Basis der Erstangebote nicht wirksam vorbehalten. Nach § 17 Abs. 11 VgV müsse sich der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag auf Erstangebote in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung vorbehalten.

Die Entscheidung

Erfolglos! Die Vergabekammer sah den vorbehaltenen Zuschlag auf die Erstangebote in den Vergabeunterlagen als wirksam an.

Die Vorschrift des § 17 Abs. 11 VgV erfasse nicht den Fall eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb. Dies bedeute aber nicht, dass ein Zuschlag auf Erstangebote im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb damit nicht zulässig sei. Dafür spreche insbesondere die ggf. notwendige Zeitersparnis, die bei „Zwangsverhandlungen“ nicht erreicht werden könne. Mit der eindeutigen Bekanntgabe des Vorbehalts der Bezuschlagung des Erstangebots in der Aufforderung zur Angebotsabgabe habe der öffentliche Auftraggeber das Gebot der Transparenz ausreichend gewahrt. Kein anderes Ergebnis leite sich daraus ab, dass im Verfahren eine Vorinformation veröffentlicht wurde. Eine Vorinformation falle nach dem Wortlaut ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 11 VgV und diene zudem einem anderen Zweck als die Auftragsbekanntmachung.

Praxishinweis

Die Entscheidung überzeugt. Auch bei Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb müssen sich Bieter bei entsprechend transparenten Vorbehalten in den Vergabeunterlagen auf die mögliche Bezuschlagung der Erstangebote einstellen.

Autor

Dr. Karsten Kayser, Rechtsanwalt und Partner

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Beschluss
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