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Vergaberecht, aktuelle Urteile

Aktuelles zur Angemessenheit von Fristsetzungen für die Vorlage vorbehaltender Unterlagen

Die Angemessenheit der Frist bei der Einholung von vorbehaltenen Erklärungen hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, wobei eine Frist von 6 Werktagen grundsätzlich zu kurz ist.

Was ist passiert?

Ausgeschrieben wurden Rohbauarbeiten. Im Rahmen einer Wiederholung der Angebotsprüfung forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, innerhalb von 2,5 Werktagen Verpflichtungserklärungen für die im Angebot benannten Nachunternehmerleistungen vorzulegen. Die Vorlage von Nachunternehmerleistungen hatte sich der Antragsgegner in den Vergabeunterlagen vorbehalten (vgl. § 16 Nr. 4 EU VOB/A). Die Antragstellerin kam dieser Aufforderung zwar nach, hielt sich dabei jedoch nicht an die vom Antragsgegner vorgegebene Frist.
Daraufhin schloss die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin aus. Die dagegen gerichtete Rüge der Antragstellerin wies der Antragsgegner zurück.
Im Wege des Nachprüfungsverfahrens macht die Antragstellerin geltend, dass der Ausschluss ihres Angebotes wegen der vom Auftraggeber gestellten unangemessen kurzen Frist rechtswidrig sei.

Was wurde entschieden?

Die VK hat entschieden, dass die Angemessenheit einer Frist zur Vorlage von Nachweisen oder Erklärungen im Sinne des § 16 Nr. 4 EUVOB/A, die sich der Auftraggeber vorbehalten hat, stets anhand der Umstände im Einzelfall zu ermitteln sind.
Je bedeutender und aufwändiger die Einholung einer Erklärung ist, desto länger muss die Frist bemessen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bieter für die Einholung einer Erklärung auf die Mitwirkung Dritter (Behörden, Nachunternehmer) angewiesen ist.
Eine Obliegenheit des Bieters, derartige Nachweise vor Angebotsabgabe vorsorglich einzuholen, besteht nicht.
Eine Frist von 6 Tagen für das Anfordern von vorbehaltenen Unterlagen reicht in der Regel nicht aus, eine Frist von weniger als einer Woche ist in der Regel unzumutbar.

Praxistipp

Zu unterscheiden ist zwischen der Frist für die Einreichung von Unterlagen die der Auftraggeber erstmalig anfordert und der Frist, innerhalb derer der Auftraggeber dem Bieter die Gelegenheit gibt, fehlende Unterlagen nachzureichen.
Letzteres ist in § 16a Abs. 4 S. 2 VOB/A EU geregelt. Demnach soll die Frist für die Nachreichung fehlender Unterlagen sechs Kalendertage nicht überschreiten.
§ 16 Nr. 4 VOB/A EU regelt hingegen den Fall, dass der Auftraggeber erstmalig Unterlagen anfordert, deren Vorlage er sich in den Vergabeunterlagen vorbehalten hat.
Für die erstmalige Anforderung von Unterlagen kann demnach eine andere Vorlagefrist gesetzt werden.
Das OLG Celle hat in seinem Beschluss vom 14.12.2015 (Az.: 13 Verg 9/15) entschieden, dass eine unangemessen kurze Frist im Vergaberecht keine angemessene Frist in Gang setzt. Der Auftraggeber muss dem Bieter in diesem Fall eine neue, angemessene Frist setzen.

Autor:

Rechtsanwalt Ronny Lohmann ist einer der Partner von Vergabekanzlei abante Rechtsanwälte Kins Lohmann PartG mbB in Leipzig. Seit Jahr 2005 arbeitet er als selbständiger Rechtsanwalt. Seine Tätigkeitsbereiche:

  • Vergaberecht, projektbegleitende Rechtsberatung (Bau/Planung, ITK)
  • Privates und öffentliches Baurecht
  • Grundstücksrecht / Leitungsrechte / Gestattung / Grundbuchbereinigung
  • Recht der Versorgungswirtschaft / technischen Infrastruktur/
  • Breitband- und Telekommunikationsrecht, Vertragsrecht.  

Quelle:

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Beschluss
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